Multifamilientherapie und Mehrfamilienarbeit


Die Multifamilientherapie (MFT) und die Mehrfamilienarbeit (MFA) vereinen die Erkenntnisse, Konzepte und Techniken der Gruppentherapie, der systemischen Einzelfamilientherapie und von Selbsthilfegruppen. In einer Gruppe besteht die Möglichkeit, problematische Verhaltensweisen und Symptomatiken einer Familie differenzierter zu bearbeiten, da Mitglieder aus anderen Familien neue und andere Perspektiven entwickeln können - vorallem wenn sie mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Während es für eine Einzelperson oder eine Familie oft schwierig ist, die eigene Perspektive zu verändern, um so eigene Schwierigkeiten zu erkennen und zu beheben, gibt es in einer Gruppe von Familien eine Vielzahl von differenzierten Außenperspektiven. Ziel der Arbeit ist es, dass die einzelnen Familien und ihre Mitglieder die Potenz der Gruppe als Chance für sich selbst erleben. Diese aktive Einbeziehung der Familie bei der Wahrnehmung des ähnlichen Problems bei ihrem Gegenüber stärkt auch das eigene Selbstwertgefühl und macht Familien offener für die Veränderung der gleichen Schwierigkeiten bei sich selbst.

Wenn 6 oder 7 Familien für Stunden, Tage oder Wochen miteinander zusammenarbeiten, dann können sie voneinander lernen, sich gegenseitig motivieren und inspirieren, ihre eigenen Ressourcen (wieder)entdecken und aus ihrer sozialen Isolation herausfinden.

Diese Prozesse werden von MFT/MFA-Fachleuten angeregt, dazu ist zu Beginn eine sehr aktive Rolle der Therapeuten notwendig. Sie stellen den therapeutischen Kontext mit Hilfe spezifischer Interventionen her, um die Gruppenprozesse in Bewegung zu setzen. Im Verlauf der MFT/MFA können die Therapeuten zu einer eher moderierenden Rolle überwechseln, denn die Familien übernehmen füreinander einen Großteil der therapeutischen Arbeit. Trotzdem wird von den MFT-Fachleuten über den gesamten Zeitraum ein hohes Maß an Präsenz, Aufmerksamkeit, Sensibilität und Flexibilität verlangt, daher ist es unabdingbar, dass eine Mehrfamiliengruppe immer von zwei Therapeuten geführt wird. Die Mehrfamilienarbeit gelingt nur mit souveräner Teamarbeit der Therapeuten!

Viele empirische Studien zeigen, dass MFT eine hocheffektive Intervention ist bei Familien mit Problemen wie z.B. Essstörungen, Kindesmisshandlungen, Sucht, Gewalt, schulisches Versagen, Psychosen und chronischen körperlichen Erkrankungen. In Deutschland gibt es bereits eine Vielzahl von MFT-Projekten, die in der Jugendhilfe, in Schulen und im medizinischen Bereich angebunden sind.